Germania Apotheke

Aachen, 2017
Apotheker Florian Dany

Die Apotheke liegt an der fünfspurig ausgebauten Jülicher Straße nicht weit entfernt vom Europaplatz. Bereits vor dem Umbau machte sie auf uns einen positiven Eindruck. Oftmals kommen wir in eine umbaubedürftige Apotheke und es gibt wirklich nichts, das irgendwie erhaltenswert wäre. Bei der Germania Apotheke war es anders. Die kleine Offizin mit ihrer Möblierung in Nussbaum hatte einen aufgeräumten 50er Jahre Charme.

Eckdaten

Germania Apotheke, Jülicher Straße 66, 52070 Aachen

Design Klaus Bürger

Umbau 2017

Gesamtfläche 273m²

Umbau im laufenden Betrieb.

 

Natürlich waren diverse Anpassungen des HV-Tisches an immer wieder neue Kassensysteme deutlich sichtbar und die nachträglich angeklemmte Halogenbeleuchtung an der Sichtwahl ergab einen unschönen optischen Bruch. Dennoch war die Atmosphäre freundlich und aufgeräumt und die Rahmenlose Schaufensterverglasung lies Innen- und Außenraum miteinander verschmelzen. Auch die Fassade bot ein ansprechendes Bild: Eine serifenlose Leuchtschrift mit dem Namen der Apotheke, ein Ausleger mit gotischem „A“, der sauber mit der Grundplatte des Namenszuges verbunden war und ein weiterer Ausleger für Bayer-Arzneimittel, der das Bild der Einrichtung ergänzte.

Der Arbeitsbereich wurde über die letzten Jahrzehnte hinweg immer mal wieder mit teils improvisierten Mitteln an neue Strukturen und Arbeitsabläufe angepasst. So war z.B. der Rezepturarbeitsplatz längst nicht mehr regelkonform, da er nicht dreiseitig raumhoch umschlossen war. Auch die Sichtwahl war unpraktisch, da sie bis zum Fußboden runter nur aus offenen Böden bestand. Im mit Leuchtstoffröhren beleuchteten Arbeitsbereich lag ein abgenutzer Buchenparkett, der nicht so richtig zum Nussbaum der Offizin passen wollte und die Arbeitsplätze boten kaum genug Ablagefläche. Aber die Raumhöhe war toll. 3,40 Meter!

Die Offizin befindet sich in einem Raum, der komplett leergeräumt eine Grundfläche von 41m² hat. Kommen nun Sichtwahl, HV-Tisch und Freiwahl dazu, wird es sehr schnell eng. Zudem sollte die Anzahl der Kassenplätze von zwei auf drei erhöht werden. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass sich dieser Raum nicht vergrößern lies, da die Wand hinter der Sichtwahl tragend war und keine weiteren Durchbrüche mehr gestattete. Wie verteilt man also die Kunden in einer letztendlich 25m² großen Offizin so an drei Kassen, dass die Warteschlangen sich nicht gegenseitig blockieren oder zur Tür hinaus drängen? Auch das Thema Diskretionsabstand ist in solch beengten Verhältnissen äußerst kniffelig. Nach links und rechts konnten problemlos über zwei Meter Abstand zwischen den Kassenplätzen erreicht werden. Die abgewinkelte Grundform sorgt dabei dafür, dass sich hier keine Kommunikation mit den Nachbarplätzen überschneidet, da die Bediengruppen immer auf der einen oder anderen Seite nahezu mit dem Rücken zueinander stehen.

Da sich die Jülicher Straße als viel befahren erwies, sollte die neue Einrichtung etwas mehr optische Lautstärke bekommen. Ein kräftiges Karminrot. Das 50er Jahre Design des alten HV-Tisches wurde aufgegriffen. Die Lamellenstruktur unter der Handtaschenablage und auch der gläserne Aufsatz der Tischplatte wurden in die neue Gestaltung übertragen. Inspiriert von Nierentischen und runden Formen wurde der neue HV-Tisch in den kleinen Raum hineingefaltet. Die Grundform wurde dabei so gewählt, dass die Kunden vom Eingang weg verteilt werden. Eine sondergefertigte LED-Linie zeichnet an der Decke den Verlauf des Tresens nach. Die Sichtwahl aus Nussbaum blieb im oberen Bereich erhalten und wurde restauriert bzw. ausgetauscht. Zwei Automatenausgaben wurden integriert. Im unteren Bereich befinden sich nun Schubkästen die genau wie der HV-Tisch in einem leuchtenden Rot lackiert wurden. Der Fußboden der Offizin ist ein zweifarbiger Terrazzo, der der Form des Handverkaufstisches folgt und über die Farbe die Wartezone von der Bedienzone trennt.

In den Durchgang zum Arbeitsbereich wurde die Rezeptur eingefügt, die mit ihrer gebogenen Glasabtrennung weiter nach hinten leitet. So kann der Kunde die Tätigkeiten in der Rezeptur mit verfolgen und ein Teil des klassischen Apothekerhandwerks in den Fokus getragen werden. Das alte Buchenparkett im Arbeitsbereich wurde durch Massivholzdielen aus europäisch Nussbaum ersetzt und bildet nun endlich auch mit den Möbeln der Offizin eine optische Einheit. Kleinere Details wie z.B. ausgefräste Griffnuten aus Nussbaum bereichern die ansonsten weiß gehaltene Möblierung.

Herzstück des Lagers bildet der 8m lange Roboter von Apostore mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Packungen. Hierfür wurde das Labor verkleinert und eine Treppe in den Keller stillgelegt . Letztendlich passte der Automat haarscharf an einem Unterzug vorbei an seinen Platz. Dieser Unterzug, ein kapitaler 1m hoher Stahlträger, sorgt allerdings dafür, dass die Fördertechnik nicht direkt unter der Decke montiert werden konnte. Um die wunderbare Raumhöhe nicht mit einer niedrigen Abhangdecke zu ruinieren, wurden die Förderbänder offen und sichtbar verbaut. Um diesen technischen Aspekt optisch noch etwas zu akzentuieren kamen zum Aluminium passende Pendelleuchten von iGuzzini in einem Design von Renzo Piano hinzu, die die Fördertechnik flankieren und den Raum beleuchten. Im hinteren Arbeitsbereich versorgen zwei große Oberlichter die Arbeitsplätze mit Tageslicht. Um diesen Effekt auch im mittleren Arbeitsbereich zu erhalten, wurde über der Treppe eine Runde LED-Leuchte mit 1,3m Durchmesser rahmenlos in die Deckle integriert, die nun ebenfalls für eine ähnlich homogene Lichtverteilung sorgt.

 

In jedem unserer Projekte stecken unzählige Details und die Geschichten ihrer Entstehung. Ich könnte Romane darüber schreiben. Wenn Sie für etwas brennen und Ihr Leben und Ihren Alltag mit einem Umfeld zum Liebhaben bereichern wollen, dann rufen Sie uns an.