Hybridkonzepte für Apotheken

Ein Artikel für den Deutschen Ladenbau Verband, DLV insider 62, 09|2020


 

Apotheke verstehen

Zugegeben, Apotheken sind mit ihrem Warenangebot ungefähr so sexy wie Fußpilz. Aber das ist genau ihr Kerngeschäft. In der Regel geht man nicht in eine Apotheke, weil es Spaß macht oder man ein wenig stöbern und bummeln möchte, sondern weil man ein Problem hat. Dieses mit eher unerfreulichen Körpererfahrungen behaftete Einkaufserlebnis mit Zusatzfunktionen wie z.B. einer Teelounge aufzuhübschen ist, von der Hilflosigkeit dieses Vorstoßes mal abgesehen, laut Apothekenbetriebsordnung nicht erlaubt. Der Gesetzgeber legt den Fokus der Apotheken auf die Entwicklung, Prüfung, Abgabe und Information rund um alle Mittel, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern. Dies soll nicht verwässert werden. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie gut diese dezentral organisierten Einzelbetriebe z.B. Handesinfektionsmittel in Eigenproduktion herstellen konnten, als es knapp wurde. 


Kein Selbstbedienungsladen

Apotheken gehören wie Drogerien und Supermärkte zum täglichen Bedarf und Hand aufs Herz: Wer hat denn in einem der genannten Geschäfte schon einmal das Bedürfnis verspürt, sich in einer lauschigen Ecke niederzulassen und zu chillen? Täglicher Bedarf, das ist nach der Arbeit noch mal eben reinspringen und Ketchup einkaufen. Nichts ist nervtötender als auf der Suche nach Selbigem durch endlose Regalreihen zu irren um dann vor einer Wand mit gefühlt einer Million unterschiedlichster Sorten zu stehen und dann den Laden überfordert und mit leeren Händen zu verlassen. Praktisch muss es sein. Eine Apotheke ist kein Selbstbedienungsladen. Hier vereinen sich praktische Notwendigkeiten und emotionale Inhalte.


Eine lebensbejahende, ermutigende Freundlichkeit voller kraftspendender Ruhe. Hiervon sollten nicht nur Apotheken bis in jeden Teilaspekt durchdrungen sein, sondern alle Gesundheitseinrichtungen. Vertrauen schaffen, ein Lächeln und Aufmerksamkeit schenken. Für die einsame Rentnerin ebenso wie für den von Akne geplagten Teenager. Das geht nur im direkten Kontakt von Mensch zu Mensch.


Standortvorteil

Medikamente verkaufen kann das Internet auch. Die Inhabergeführte Standortapotheke kann und soll mit ihrer physischen Präsenz die emotionalen Inhalte ihrer Kunden auffangen. Ob der Kundenkontakt nun an einem langen Tresen oder einzelnen Beratungstischen stattfindet hängt vom Apotheker und dessen Team ab. Hierbei ist zu beachten, dass z.B. die Sichtwahl für den Kunden nicht zugänglich sein darf. Touchbildschirme mit einer virtuellen Sichtwahl schaffen in diesen Fällen zwar Abhilfe, sollen aber kein mediales Durcheinander erzeugen. Daher wird es schwierig, wenn man diverse Beratungsplätze ähnlich einer Parfümerie überall im Raum verteilt. Noch problematischer wird es, wenn Medikamente aus dem Generalalphabet an diesen Platz gelangen sollen. Auch hier greift die ApBetrO mit der Forderung nach Diskretionsabständen ein, wozu auch ein entsprechendes Warteschlangenmanagement gehört. Gerade für ältere Menschen sind Ordnung, Übersichtlichkeit und ein klar definierter Anlaufpunkt wichtig. Der Köder soll dem Angler schmecken, denn der Apotheker benötigt ein Werkzeug, eine Bühne, die ihn und seine Kompetenz als hochspezialisierten Pharmazeuten in einer respekt- und vertrauensvollen Umgebung darstellt.


Aber nicht so...